Mittwoch, 5. April 2017

Oyakodon


Der Gedanke, dass man tausend Jahre alt werden könnte, ohne dass einem die Rezepte ausgehen, ist ungemein beruhigend. Andererseits ist es aber auch unendlich schade, dass es vermutlich Myriaden von genialen Gerichten auf diesem Erdenrund gibt, die man leider niemals probieren wird. Manches entdeckt man durch Zufall und freut sich dann ungemein. Oft ärgert man sich auch ein bisschen und fragt sich, warum man nicht schon längst über die eine oder andere Köstlichkeit gestolpert ist und das bisherige Leben zum Beispiel ohne Gumbo verbracht hat. 

Heute war mal wieder so ein Tag, an dem ich unbedingt etwas probieren wollte, das ich neulich erst durch Zufall in den Tiefen des Netztes gefunden habe: oyakodon. Das ist kein Fluss in Sibirien, sondern ein japanisches Eiergericht mit Huhn und Reis. Die Übersetzung des Namens mutet etwas makaber an. Oya ist das Wort für Eltern und damit ist das Huhn gemeint. Ko(domo) bedeutet Kind, in diesem Fall das Ei und don(buri) bezeichnet ein Reisgericht in der Schale. Eltern-Kind-Reis also. Man muss dieses Volk einfach für seine blumige Sprache lieben.

Berühmt für sein oyakodon ist Yamada Kounosuke, der das bekannte Tamahide in Tokio nun immerhin schon in der achten Generation führt. Welches Restaurant kann hierzulande auf eine fast 300 jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken?


Da ich mir immer nicht sicher bin, ob die liebe Familie Gerichte mit dashi mag, habe ich nur mal eine Portion zum Probieren gemacht. Big mistake und ich kann mich glücklich schätzen, überhaupt etwas abbekommen zu haben. Wir brauchen:
  • 5 EL dashi
  • 1 EL japanische Sojasauce
  • 1 EL Mirin
  • 1 EL Sake
  • 1 EL Zucker
  • 1/4 große weiße Zwiebel
  • 2 Frühlingszwiebeln
  • 1 Hähnchenschenkel
  • 1 Ei Größe L oder zwei kleinere
  • 1 Stück Nori
Des Weiteren:
  • 1 kleine Tasse rohen Sushi-Reis 
Wie immer gilt hier der Hinweis, bitte wirklich japanische Zutaten zu verwenden. Chinesische Sojasauce oder Shaoxing-Wein schmecken gut in Wokgerichten, aber in japanischem Essen sind sie eher unpassend. Andersherum verhält es sich genau so.


Hier warte ich gerade, dass die Bonito-Thunfischflocken (katsuobushi) im Kombusud nach unten sinken und ich den fertigen dashi abseihen kann. Das Aroma haut mich immer wieder aus den geta.



Das Huhn entbeinen ...


... und in mundgerechte Stücke schneiden, am besten von oben schräg im 45° Winkel, der Japaner nennt diesen Schnitt sogigiri. 

Zwiebel schälen und zu dünnen Streifen verarbeiten, eine Frühlingszwiebel diagonal in drei Zentimeter lange Stücke schneiden. Ei nur leicht verschlagen. Quirlt man zu viel, wird die Konsistenz nicht luftig genug. 

Den Reis waschen wir erst mehrmals, bis das Wasser klar bleibt, lassen ihn dann eine Stunde in einem feinen Sieb abtropfen und kochen ihn mit eineinhalb Tassen Wasser ohne Salz, aber mit Deckel bei kleinster Flamme in fünfzehn Minuten gar. Vom Feuer nehmen und weitere fünf bis zehn Minuten quellen lassen.



Dashi, Sojasauce, Mirin und Sake in einer kleinen Pfanne erhitzen, Zucker einrühren. Dies ergibt eine sogenannte sukiyaki-Brühe, der hierzulande bekannten teriyaki-Sauce nicht ganz unähnlich. Letzteres ist in Japan keine Sauce sondern bezeichnet eine Gartechnik.



Zwiebeln, Frühlingszwiebelstücke und Huhn ins sukiyaki geben und fünf Minuten köcheln lassen, das Fleisch dabei einmal wenden. Es sollte nun so gut wie gar sein.



Das Ei auf dem Pfanneninhalt verteilen und bei leichtem Rütteln an der Pfanne eine Minute stocken lassen. Es soll noch schön cremig, ja fast flüssig sein und keinesfalls zum Omelett werden. 

Das wir ausschließlich frische Eier verwenden, ist wohl selbstredend.


Gekochten Reis in eine Schüssel geben ...


... und den Pfanneninhalt vorsichtig darauf gleiten lassen.


Nach Wunsch mit dünn geschnittenen rohen Frühlingszwiebeln und Streifen vom Noriblatt garnieren. Normalerweise kommt da noch mitsuba - japanische Petersilie - darüber. Hatte ich nicht, aber Koriander tut es auch. Ein weitere leckere Beilage: eingelegter Daikon (Rettich).


Hmmm - da möchte man eintauchen, so wahnsinnig lecker ist das. So was könnte ich jeden Tag essen - 300 Jahre und acht Generationen lang.

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