Montag, 30. Dezember 2013

Heller Fond


Die Grundlage einer jeden guten Sauce oder Suppe ist der Fond. Man kann natürlich zu Instantbrühe oder Brühwürfel greifen, aber in meiner Küche gelten unter anderem zwei eiserne Regeln. 
  1. Es wird nichts fertig gekauft, was man nicht auch selbst besser herstellen kann. 
  2. Keine Geschmacksverstärker, künstliche Aromen oder künstliche Farbstoffe. 
Gut, es gibt mittlerweile auch Bio Produkte, also Pülverchen, die ohne die unter 2. genannten Scheusslichkeiten auskommen, trotzdem schmecken auch diese nach meinem Empfinden recht künstlich. Natürlich kann man allerlei Fonds fertig in Gläsern kaufen, es gibt sogar recht günstige Varianten, die qualitativ nicht schlechter als die teuren sind, von denen einem die Visagen berühmter (TV-) Köche entgegen grinsen. Aber wir wollen ja so viel wie möglich selbst machen.

Grundsätzlich unterscheidet der Fachmann (oder die Fachfrau) zwischen zwei Arten von Fonds, den hellen (fond blanc) und den dunklen (fond brun). Für klare Suppen nimmt man eher die helle Variante, wogegen bei dunklen Saucen die Dunklere zu bevorzugen ist - ein weiteres Argument, dass gegen Fertigprodukte spricht: einen fond brun gibt es meist nicht zu kaufen.

Fangen wir mit den hellen Fonds an. Wir nehmen uns heute einen Rinderfond vor. Für Geflügel- oder Kalbsfond gilt das gleiche Grundrezept.


Zunächst brauchen wir Fleisch. Wichtig ist, dass das Fleisch nicht zu mager ist. Knochen sind fast noch wichtiger als Fleisch. Ich nehme meist ein oder zwei Beinscheiben (das Knochenmark bringt enormen Geschmack), Knochen, Brust- und/oder Rippenfleisch. Bei Rind oder Kalb ist es wichtig, die Knochen gründlich zu waschen und von Sägemehlrückständen etc. zu befreien. Manche blanchieren die Knochen (kurz in siedenes Wasser geben), dies ist aber nicht unbedingt nötig. Eine ordentliche Wäsche im heißen Wasser tut es auch. 


Dann brauchen wir Gemüse. Standard sind Sellerie - ob Knolle oder Staude bleibt jedem selbst überlassen, ich bevorzuge hier jedoch die Knolle - Möhre, Lauch und Zwiebel. Man kann nach Lust und Laune auch noch Pastinaken und/oder Petersilienwurzel hinzufügen.

Die Zwiebel wird halbiert und mit der Schale (äußerste Schicht gegebenenfalls dünn entfernen) in einer Edelstahlpfanne auf den Schnittflächen angeröstet. Dies kann man beim Elektro- oder Ceranherd auch mit Alufolie direkt auf der Platte machen. Schale und Röstung geben Aroma und Farbe. 

Als letztes brauchen wir Zeit und Muße und zwar viel davon. Ein guter Fleischfond kann stundenlang simmern, er wird dadurch nur besser. Einen Fischfond hingegen sollte man nicht länger als eine halbe Stunde köcheln lassen, da er sonst anfängt, leimig zu schmecken.


Gewürze und Kräuter schaden auch nicht. Hier nehmen wir ein paar Petersilienstängel (die schmeiße ich nie weg, sondern friere sie immer für Fonds ein), Thymian, grob zerstoßenen Pfeffer und - als mein Geheimtipp - ein paar ebenfalls grob zerstoßene Pimentkörner.

Wie man sieht, nehme ich kein Salz. Das hat mehrere Gründe. Der einfachste ist, dass ich den Fond gegebenenfalls stark reduzieren (einkochen) werde und im Vorfeld schlecht einschätzen kann, ob das Ganze in konzentrierter Form nachher zu salzig ist. 

Zum anderen gibt es einen physikalischen Grund. Zwei Vorgänge, die beim Kochen von Fonds stattfinden, sind von entscheidender Bedeutung: Der eine nennt sich Osmose, der andere ist die sogenannte Diffusion. Der Gedanke, der beiden "Stoffausgleichsprozessen" zu Grunde liegt, ist, dass sich Stoffe in Flüssigkeit gleichmäßig verteilen wollen. Bei der Osmose findet ein Wasserfluss von der niedrigeren zur höheren Salzkonzentration statt. Fleisch und auch Gemüse haben natürlich vorkommende Salze in den Zellen. Ist das Wasser ungesalzen, dringt es in das Fleisch ein. Vereinfacht gesagt sind irgendwann die Zellen voll und platzen auf. Dabei geben sie die Geschmacksstoffe ans Wasser ab - das ist dann "Diffusion". Hier geht der Weg von der Höheren zur niedrigeren Konzentration - Stoffe kommen aus dem Fleisch und vermischen sich mit dem Wasser. 

Will ich den Geschmack des Fleisches oder des Gemüses bewahren - zum Beispiel weil ich es später als Suppeneinlage verwenden oder als Tafelspitz servieren möchte, gebe ich Salz an die Kochflüssigkeit. So verhindere ich, das mein Gargut verwässert. Wir merken uns also: geht es uns um die Flüssigkeit, wird nicht gesalzen. Ist aber die Einlage wichtig, salzen wir das Wasser. 

Mehr zu diesem Thema und noch andere interessante Dinge findet man hier: Ernährungsirrtümer - Kochmythen.


Die Zutaten wandern nun in einen großen Topf und es wird soviel Wasser angegossen, dass Alles gerade bedeckt ist. Das Wasser hat jetzt vielleicht eine leicht rötliche Färbung, das ist aber nicht schlimm und verschwindet, sobald die Brühe köchelt. Man könnte dies verhindern, indem man, wie oben beschrieben, Knochen und Fleisch blanchiert, aber wie gesagt, ich halte dies nicht für nötig.


Wir bringen unseren Fond jetzt zum Kochen und lassen ihn dann langsam auf kleiner Flamme ohne Deckel vor sich hin köcheln, aber auf keinen Fall sprudelnd kochen. Hier ein weiterer Kniff: in Kochbüchern liest man immer wieder, man solle den aufsteigenden Schaum abschöpfen, um einen klaren Fond zu erhalten. Ich mache das nicht. Zum einen, weil Abschöpfen von Sachen auch immer bedeutet, dass Geschmack entfernt wird. Zum anderen, weil ich den fertigen Fond am Ende ohnehin durch ein Tuch passieren lasse und so alle Trübstoffe heraus gefiltert werden. 

Einige Köche geben zum Klären sogar mit Eiweiß vermengtes Hackfleisch (Klärfleisch) in die Brühe. Die Idee ist, dass das stockende Eiweiß alle Trübstoff bindet und die Brühe so klärt. Dass ich aber vorher das eigene Eiweiß des Fleisches (den aufsteigenden Schaum) entferne und dann später fremdes Eiweiß zum Klären hinzufügen soll, erscheint mir unlogisch. Ich schöpfe nichts ab und warte bis der Schaum fest wird, zu Boden sinkt und die Brühe sich von selbst klärt. 


Und hier kann man es sehen - der Schaum wird fest und der Fond fängt an, wie von selbst klar zu werden.


Nach etwa zwei Stunden (oder drei oder vier) leichtem Köcheln (kein wildes Kochen) ist der Fond fertig und kann heiß gefiltert werden.


Durch ein Sieb mit Küchenpapier gegossen sieht das Ganze denn so aus: hell golden und klar.

Man kann den Fond jetzt ganz einfach portionsweise (eventuell in Eiswürfelbehältern) einfrieren oder, wie ich es mache, in Schraub- oder Einmachgläsern einkochen. Im Kühlschrank hält sich der Fond auch, wenn man ihn hin und wieder aufkochen lässt. In China gibt es sogenannte "Meistersaucen" die von Köchen jahrelang am Leben gehalten werden - es wird immer etwas davon abgenommen, dann wieder mit frischer Sauce aufgefüllt und einmal pro Tag kurz aufgekocht.

Rezepte für Fisch-, Schalentier-, Gemüse- und dunkle Fonds folgen.

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